Die Schwarze Madonna, die Gralstafeln und der Templer-Code

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Joerg Roth
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“Die Wege des Herrn sind unergründlich” lehrt uns die Kirche und so ist es mir im letzten Jahr auch selber ergangen. Mein Weg hat mich über viele Seitenwege und Verirrungen an einen Punkt geführt, dessen Essenz grundlegend ist.

Der Ruf der Schwarzen Madonna

Meine Reise hat damit begonnen, dass ich intuitiv das Gefühl hatte, dass die Schwarzen Madonnen mich rufen und mir etwas Wichtiges zu sagen haben. So habe ich damit angefangen, Schwarze Madonnen in der Schweiz auf meiner Karte mit Schweizer Kraftorten zu erfassen.

Schweizer Karte mit Schwarzen Madonnen

Schnell habe ich mich ins Thema vertieft und erkannt, dass die Schwarzen Madonnen zeitlich mit den Tempelrittern auftauchten (12. Jahrhundert). Diese Verbindung ist historisch nicht belegt, aber meine Intuition hat mir gesagt, dass da vielleicht mehr dran ist, als man uns erzählen möchte. Über die Templer bin ich zu den Katharern gekommen und schliesslich zur Gnostik und mit Sofia zu einer weiteren symbolischen Schwarzen Madonna.

Die Tafeln von Chartres – der erste Code

Als ich mich ins Thema Gnostik einlesen wollte bin ich zum Buchladen meines Vertrauen und habe dort zwar kein Buch über die Gnostik aber dafür “Die Tafeln von Chartres” von George Pennington gefunden. Ich werde mit diesen beginnen.

George Penningtons Buch ist ein Buch für die Praxis. Nach einem kurzen kulturgeschichtlichen Überblick bietet es eine schrittweise Einführung in die Meditation mit den Tafeln von Chartres. Die von George Pennington vorgestelllte Meditationsform greift eine bei den französischen Zigeunern noch lebendige Meditationspraxis auf, die auf alten gnostischen Traditionen des Abendlandes basiert.

Wir haben also das Konzept der Gralstafeln (Tafeln von Chartres), drei flächengleiche geometrische Formen. Ein Rechteck mit dem Seitenverhältnis 2:1, ein flächengleiches Quadrat und ein flächengleicher Kreis. Pennington erwähnt, dass dieses geometrische Muster in Chartres im Grundriss einkodiert ist. Chartres ist ja eine Kathdrale mit weitreichender Symbolik und welche mit dem Labyrinth auf den Kampf von Theseus mit Minotauros verweist. Das hat mich nachdenklich gemacht.

Die Gralstafeln sind auch ein symbolischer Initiationsweg vom Rechteck (Materie) über das Quadrat (Geist) zum Kreis (Göttlich) also wortwörtlich die Quadratur des Kreises. Was mich von Anfang an irritiert hat: die Gralstafeln werden gemäss Pennington genau andersherum gedeutet, also vom Kreis (Tafelrunde von Arthus) über das Quadrat (Vision von Josef von Arimathäa) zum Rechteck (Abendmahlstafel von Jesus). Ich habe desshalb beschlossen, die ursprüngliche Reihenfolge der Gralstafeln zu kehren.

Die Kathesrale von Chartres

Chartres wird in vielen Dokumenten und Internetseiten mit den Gralstafeln in Verbindung gebracht. Ich habe meine Rekonstruktion der Gralstafeln nun in der umgekehrten Reihenfolge gemacht und diese bewusst auf die gotische Kathedrale abgestimmt. Das Ergebniss ist verblüffend. Die Tafeln stimmen zu 100% mit dem Grundriss überein.

Planung und Bauphasen der Kathedrale von Chartres im Laufe der Jahrhunderte. (Dr. Gordon Strachan)

Chartres

Quelle: https://publicism.info/architecture/gothic/1.html

Das Labyrinth ist nun an der richtigen Position, als Suche des Weges aus der Materie in die Göttlichkeit. Die Quelle befindet sich im Kreis.

Einsiedeln – die doppelte Blaupause

Wir haben also eine Zigeuner-Tradition, eine Kathedrale mit nicht belegbaren aber offensichtlichen Verbindungen zu den Templern und Schwarzen Madonnen. Lässt sich das verbinden? Da gibt es ja noch eine andere berühmte Klosterkirche mit einer Schwarzen Madonna und auch hier haben wir nicht belegbare, aber offensichtliche Verbindungen zu den Templern.

  • Einsiedler Pferde mit arabischen Wurzeln
  • 1291 (Gründung der Schweiz) fällt zusammen mit dem Fall von Acre 1291
  • Das Schwyzer Wappen ist eine farbliche Umkehrung des Templerwappens
  • Ein paar Bauern sind plötzlich imstande ganze Armeen zu besiegen
  • Die Schweiz als Land der Banken
  • Legenden über Ritter welche den Eidgenossen bei den Schlachten geholfen haben
  • ….

Die Liste lässt sich noch beliebig erweitern. Ich habe desshalb in einem weiteren Schritt versucht die Gralstafeln auf die Architektur der Klosterkirche Einsiedeln zu übertragen und auch hier passen die Gralstafeln 100% auf den Grundriss.

Einsiedeln

Mit freundlicher Genehmigung des Klosters Einsiedeln

Die Gralstafeln sind in Einsiedeln doppelt in die Architektur eingewoben. Klassisch horizontal vom Chor Richtung Gnadenkapelle mit einem Quadrat, welches im Gegensatz zu Chartres nicht um 45° gedreht ist und einmal vertikal bei der Gnadenkapelle (und der ursprünglichen Kapelle von Meinrad). Als Massstab wurde die Länge der romanischen Kirche genommen (schwarz und pink).

Es scheint sich hier also um einen Code zu handeln der nicht nur in Chartres verwendet wurde, sondern auch in anderen Kirchen.

Zu Einsiedeln lässt sich noch viel mehr sagen, dies aber in einem anderen Artikel.

Temple Church London – der Templer-Beweis

Der nächste logische Schritt war nun, die Verbindung zu den Tempelrittern herzustellen. Diese ist ja weder in Einsiedeln noch in Chartres historisch belegt. Nun bieten sich mehrere Gebäude an, welche dafür in Frage kommen. Die Temple Church in London ist sicher prädestiniert um zu überprüfen, ob wir auch hier die Gralstafeln in die Architktur eingebettet finden. Das wäre ein erstes Indiz für eine belegbare Verbindung zu den Tempelrittern.

Temple Church

Quelle: https://www.cambridge.org/core/journals/antiquaries-journal/article/abs/brotherly-rivals-templars-hospitallers-and-the-architectural-expansion-of-the-temple-church-in-london/D2A58FEE4A2F936389DF619B256E5CD8

Auch in der Temple Church sind die Gralstafeln in den Grundriss einkodiert. Der Kreis bzw. das Quadrat stimmen in diesem Fall mit dem Chor der Kathedrale überein. “Zufälligerweise” befindet sich 200m neben der Temple Church auch eine Schwarze Madonna, nämlich in St. Dunstan-in-the-West.

Es ist anzunehmen, dass die Tempelritter dieses Wissen aus dem heiligen Land mitgebracht haben. Man weiss ja, dass die Tempelritter ihren Hauptsitz in Jerusalem auf dem Tempelberg hatten und dass sie in Zeiten des relativen Friedens dort gegraben haben. Aber dazu später mehr. Wir haben also nun einen konkreten Faden, der von Jerusalem über die Tempelritter nach London, Chartres und Einsiedeln führt.

Tomar – der portugiesische Knoten

Dann müsste diese Geometrie auch in Tomar im Convento de Cristo (Christuskloster) zu finden sein, immerhin das Hauptquartier der Tempelritter in Portugal ab 1160. Tomar bestätigt meine Annahme und die Gralstafeln sind auch hier einkodiert, ähnlich wie in der Temple Church mit Kreis und Quadrat im Chor der Kirche. Hier finden wir keine Schwarze Madonna, aber gibt es eine in der Nähe (Nazaré, ebenfalls eine Templer-Legende).

Tomar

Quelle: https://picryl.com/media/haupt-planta-do-convento-de-cristo-tomar-13ec30

Notre-Dame de Paris – im finanziellen Zentrum der Tempelritter

Wenn natürlich ein Bauwerk in der Liste nicht fehlen darf, dann ist das Notre Dame de Paris, ein weiterer Ort, an dem die Templer sehr aktiv waren und auch hier gibt es einen Bezug zu Maria, nämlich im Namen. Wiederum sind die Gralstafeln einkodiert, genau wie in Chartres mit dem Kreis ganz vorne im Chor.

Quelle: https://www.researchgate.net/figure/Plan-of-Notre-Dame-de-Paris-with-principal-phases-of-construction-Retrieved-from-Sandron_fig19_365447931

Eine Schwarze Madonna mit einer lesenwerten Geschichte hat sich früher in Saint-Etienne-des-Grès in unmittelbarer Nähe befunden.

Le Puy en Velay

In der Kathdrale von La Puy en Velay sind die Gralstafeln ebenfalls einkodiert. Auch hier haben wir wieder eine Schwarze Madonna und Le Puy en Velay ist der Startpunkt für den Jakobsweg. Die Reihenfolge der Tafeln ist hier verkehrt, also vom Kreis zum Quadrat und zum Rechteck.

Quelle: https://www.hades-archeologie.com/operation/logis-des-clergeons/

Die Schwarze Madonna befindet sich hier im Rechteck im Chor der Kathedrale, allerdings gab es noch eine verlorene Vorgängerin, welche an einem anderen Ort gestanden hat. Ein spannendes Detail, welches es noch zu deuten gilt.

Erste Schlussfolgerungen

Was diese Kodierungen beweisen ist, dass es eine Verbindung zwischen den Tempelrittern und den entsprechenden Kirchen bis hin nach Einsiedeln gab. Die Kodierung ist nicht immer ganz konsistent, aber zweifelsfrei vorhanden wenn auch z.T. in kleinen Variationen. Die Kodierung ist grundsätzlich Richtung Chor der Kirche aufsteigend, mit Ausnahme von Le Puy en Velay.

Jerusalem

Was könnten nun die Tempelritter auf dem Tempelberg in Jerusalem gefunden haben? Den Tempel von Salomon? Was wissen wir über den Tempel von Salomon? Wir wissen dass er 70 Ellen lang und 20 Ellen breit war.

Das Haus aber, das der König Salomo dem HERRN baute, war sechzig Ellen lang, zwanzig Ellen breit und dreißig Ellen hoch. Und er baute eine Vorhalle vor der Tempelhalle des Hauses, zwanzig Ellen lang nach der Breite des Hauses und zehn Ellen breit vor dem Hause her.

Das erste Buch der Könige, Kapitel 6

Wenn wir nun wieder die Gralstafeln einkodieren bedeutet das folgendes:

  • Kreis beim Allerheiligsten (Durchmesser 20 Ellen)
  • Quadrat mit 45° Drehung (Durchmesser 25.07 Ellen)
  • Rechteck mit der langen Seite (Seitenlänge 25.07 Ellen)

Ergibt eine Gesamtlänge von 70.14 Ellen, was eine Abweichung von 0.17% ergibt. Da wir hier sowohl Pi als auch die Quadratwurzel in der Rechnung haben, geht es wohl nicht viel genauer. Der Kreis ist hier wiederum beim Allerheiligsten, die klassische Aufstiegsreihenfolge.

Tempel von Salomon

7 ist ja die Zahl der Vollkommenheit und Harmonie in Gottes Plänen und Taten in der Bibel und 70 ist die Zahl der Vollständigkeit in Gnade und Gericht.

Und wo sind die Schwarzen Madonnen? Ich denke wir müssen hier nicht nach schwarzen Madonnen suchen, wir haben mit Maria und Maria Magdalena ja gewissermassen die “Originale”, welche mit diesem Ort verwurzelt sind.

Zeitlinie

JahrOrtSchwarze Madonna
950 v. Chr.Salomos TempelMaria und Maria Magdalena
11.–12. Jh.Le Puy en VelayOur Lady of Le Puy
1119Tempelritter gegründet
1160Tomar als Hauptquartier in PortugalNazaré
1163Notre Dame de ParisSaint-Etienne-des-Grès
1185Temple Church LondonSt. Dunstan-in-the-West
1194Chartres BaubeginnNotre-Dame-de-Sous-Terre
1291Acre fällt → Rütlischwur und Gründung der Schweiz
1307Tempelritter verhaftet
1312Auflösung der Tempelritter → Wissen in Stein

Die Bedeutung der Schwarzen Madonna

Die Bedeutung der Schwarzen Madonna ist gewaltig. Sie steht nicht nur sinnbildlich für Maria und Maria Magdalena, sondern lässt sich über Sara-la-Kali bei den Roma bis nach Indien zur Muttergöttin Kali, nach Ägypten zur Isis und weiter zur Schwarzen Tara im Buddhismus bzw. zu Palden Lhamo im tibetischen Buddhismus zurückverfolgen. Das Muster ist dabei stets dasselbe: Eine schwarze Göttin verkörpert Weisheit, Unterwelt, Zerstörung und Erneuerung – zugleich aber auch die Gefangenschaft des Geistigen in der Materie, wie es sich in der gnostischen Gestalt der Sophia spiegelt.

Auch über weitere Bedeutungen der Schwarzen Madonna kann man spekulieren. Was wäre, wenn die Tempelritter im Wissen um ihre Vergänglichkeit einen Weg gefunden haben, ihr Wissen in den Schwarzen Madonnen zu speichern, eine Art spiritueller Blockchain. Viele der Schwarzen Madonnen in der Schweiz haben eine Nacht bei ihrer “Mutter” in Einsiedeln verbracht und wurden mit ihr berührt. Vielleicht wurde zu diesem Zeitpunkt das Wissen auf die neue Schwarze Madonna übertragen und “ein neuer Node in der spirituellen Blockchain” initiert. Das sind natürlich alles Spekulationen, diese haben aber durchaus Raum wenn man meine Erkenntnisse von oben mit einbezieht.

Die Schwarze Madonna erscheint so als Hüterin eines uralten Wissens, das sich in Geometrie, Symbolik und Architektur fortschreibt – ein Wissen, das von der Materie zur Erkenntnis führt, von der Dunkelheit ins Licht.